Viele Tiere machen sich jedes Jahr auf eine Reise, die sie zum Teil um die halbe Welt führt. Auf dem Land, im Wasser sowie in der Luft. Sie schwimmen durch Ozeane, überqueren Gebirge oder wandern durch Wüsten aus den verschiedensten Gründen. „Ist es noch weit?“ erzählt von den Wanderungen die Erdkröten, Wanderameisen, Streifengnus, Unechte Karettschildkröten sowie Mehlschwalben im Laufe ihres Lebens machen. Und jedes Tier hat seine eigene und besondere Reisegeschichte…
Ein Rauschen kündigt sie an. Ein Rauschen, das durch das dichte Grün des Regenwaldes dringt. Von unzähligen kleinen Füßen, die zu einem Heer von Wanderameisen gehören, die auf der Suche nach Futter sind. Wie ein dunkelbrauner Flickenteppich ziehen die Ameisen zu Tausenden über Blätter und Stöckchen und überrennen alles, was ihnen vor die Füße kommt. Schon seit Stunden marschiert Kya in der fünften Marschsäule, 57. Hoffentlich stoßen sie bald auf Beute, seufzt sie. Sie fragt sich, wie sie den Marsch mit leeren Magen durchstehen soll, da dringt ein Duft in ihre Antennen. Kya weiß sofort, was es ist: Banane!
Wissen zu Wanderameisen: Dorylus molestus, die Wanderameisen gehören zu den Insekten. Sie bewegen sich weder zu bestimmten Jahreszeiten noch auf festen Routen. Wenn im Umkreis ihres Nestes alles leergefressen ist, suchen sie sich ein neues Gebiet und legen dort wieder ein Nest an. Anders als andere Ameisenarten schicken sie keine einzelnen Tiere als Kundschafter aus, sondern ziehen alle gemeinsam los – in einer mehrere Meter breiten Front.
Während Zottel, das kleine Gnu, ein paar Schlucke Milch bei seiner Mutter trinkt, lauscht er den Stimmen um sich herum; von Wanderung und Aufbruch ist die Rede. Die großen Wiesen, die Akazien und das Wasserloch zu verlassen, kann sich Zottel überhaupt nicht vorstellen. Doch seine Mutter erklärt ihm, dass die Wiesen abgegrast sind und das Wasserloch austrocknet. Sie müssen aufbrechen, um nicht zu verhungern oder zu verdursten. Sie werden Richtung Norden wandern, sie kennen den Weg, sie laufen ihn jedes Jahr. Im Herbst, wenn die Trockenzeit endet und der Regen wiederkommt, kehren sie auf einer anderen Route zurück. Es ist also kein Abschied für immer…
Wissen zu Streifengnus: Connochaetes taurinus, die Streifengnus gehören zu den Säugetieren und leben in der Savanne. Sie wandern dorthin, wo es reichlich Nahrung gibt, und folgen deshalb dem Rhythmus aus Regen- und Trockenzeiten. Ihre Wanderung dauert genau ein Jahr. Am Ende dieser erreichen sie wieder den Ausgangspunkt.
Ob Sommer- oder Winterquartiere, bessere Nahrungsgründe oder Orte, an denen sie ihre Jungen zur Welt bringen: das Phänomen der Tierwanderungen ist wirklich erstaunlich. Überall auf der Welt gibt es Tierarten, die wandern. Manche ständig, manche nur einmal im Jahr. Manche legen dabei eine Strecke von tausenden Kilometern zurück, andere nur wenige Meter. Manche folgen dem Rhythmus des Wetters, andere suchen Nahrung oder es dient zur Fortpflanzung. In „Ist es noch weit?“* erzählt Verena Linde anhand der Erdkröten, Wanderameisen, Gnus, Meeresschildkröten und Schwalben von diesen Reisen und Wanderungen.
Und das in einer abwechslungsreichen, spannenden, informativen und unterhaltsamen Kombination aus fünf einzelnen Tiererzählungen, die sich wunderbar zum Vorlesen eignen sowie je zwei sich daran anschließenden Doppelseiten, mit extra Sachwissen zu den jeweiligen Tierarten. Zum einem mit Info-Kästen bestehend aus Fakten zu Lebensraum, Größe, Verbreitungsgebiet wie Wanderrouten und zum anderen aus einem Text, der (Vorlese-)Geschichte und aufschlussreiche Aspekte rund um die Tierart zusammenfasst. Tierisch eindrucksvoll abgerundet mit wundervollen Illustrationen aus der Feder von Anka Schwelgin. Ein faszinierender Einblick in ein phänomenales Naturschauspiel, das von großer Bedeutung für das ökologische Gleichgewicht und die Artenvielfalt in und auf unserer Welt ist.
Eure Janet